Moderne Lastkraftwagen sind meist hochoffiziös auf 89 km/h tempolimitiert. Selbst der Gesetzgeber scheint also einzusehen, daß die eigentlich laut StVO erlaubten 80 ein wenig kläglich sind. Ob man die 89 nun voll ausfahren zu müssen meint, ist wie immer Geschmackssache — viele tun es, nach meiner Beobachtung aber auch immer mehr tun es nicht.
Ich tu es auch nicht. Tempomat auf 84, Bremstempomat auf die von Mercedes voreingestellten +6 (heißt: bergab rollen mit maximal 84 + 6, also 90), Abstandsregeltempomat auf eine Stufe mehr als voreingestellt (das sind bei Reisetempo so um die 60 Meter, also schon deutlich mehr als “halber Tacho”): so reist es sich entspannt, punktefrei und sparsam längs und quer durch Deutschland.
Naja. Entspannt. Wenn da nicht die Minutenschinder wären, die partout immer ihre 89 fahren zu müssen glauben. Jungs: könnt Ihr eigentlich nicht rechnen? Wenn wir mal ne Tagestour von schon sehr üppigen 700 Kilometern annehmen (wir fahren eher so 500 rum) und zu Euren Gunsten, daß man die ganze Strecke mit seiner eingestellten Sollgeschwindigkeit abspult — völlig illusorisch: keine Baustellen, keine Tempolimits, keine Berge –, selbst dann sind 700 Kilometer durch Eure 89 km/h rechnerisch 7 Stunden und 52 Minuten, durch meine 84 hingegen 8 Stunden und 20 Minuten.
Knappe halbe Stunde also. Wie gesagt — unter völlig illusorischen Bedingungen; unter realistischen schnurrt die ganz schnell auf weniger als die Hälfte zusammen. Und dafür meint Ihr also, immer volles Rohr fahren zu müssen? Ganz ehrlich: wenn Ihr so knapp plant, dann seid Ihr schlicht unfähig. Und wenn Ihr so knapp geplant werdet, dann habt Ihr den falschen Arbeitgeber.
Aber was red ich. Das ist ja alles noch im Rahmen — auch wenn die 89-Fahrer dann oft die sind, die am nächsten Berg im Überholverbot im Weg herumstehen, weil sie außerdem auch noch voll beladen und/oder untermotorisiert sind (gut, dafür können sie nix, aber das wissen sie doch vorher, warum überholen sie dann?). Richtig albern wird es erst bei den neuerdings in Mode kommenden kastrierten Kisten mit 85-km/h-Limitierung. MAN verkauft sowas als “Efficient Line”, ob und wenn ja unter welchem Namen auch andere Hersteller bei dem Blödsinn mitmachen weiß ich nicht; aber auch manch Spedition läßt sich ihre Laster mittlerweile auf 85 km/h limitieren, um ihre Dauervollgaspatienten einzubremsen. (Das geht übrigens auch eleganter, indem man Prämien für wenig Verbrauch zahlt oder — noch eleganter — über eingebaute Kontrollgeräte, Stichwort “Fleetboard”, auch noch andere prämierungswerte Parameter wie Geschwindigkeit oder Bremsverschleiß belohnt. Aber ich schweife ab.)
Diese kastrierten 85-km/h-Eimer werden dann nämlich erst recht mit Dauervollgas gefahren. Gut, verbrauchen tun sie trotzdem nicht mehr als ich, aber sie müssen mich halt auch unbedingt immer überholen — und brauchen dafür bei 1 km/h Differenzgeschwindigkeit eine mittlere Ewigkeit, wenn ich nicht wie meistens zurückstecke und sie vorbeilasse. (Nein, ich brauche keine mittlere Ewigkeit, um einen 83-Fahrer zu überholen: Bis auf 40 Meter ran, Lücke abwarten, Blinker an, Vollgas, ausscheren und mit 89 vorbei! Kein Ding. Vielleicht ne halbe Minute oder so.) Und für was? Nach der Rechnung von oben für sechs Minuten Zeitgewinn (700 km durch 85 km/h) im völlig illusorischen Idealfall!
Wie behämmert, liebe Kollegen, kann man eigentlich sein?
“Ja, dann fahr doch auch 85, Du Spinner!” Das denken jetzt vielleicht einige der Angesprochenen. Nö, mach ich nicht. Seh ich doch gar nicht ein, mich von Euch zum Schnellerfahren provozieren zu lassen. Schließlich muß dann wieder ich öfter überholen (und hab dafür weniger Reserve bis zum Begrenzer), wo doch jeder weiß: bei Elefantenrennen fährt das Arschloch fast immer links.
Fröhlich dorthin rüberwinkend grüßt:
Euer Dieter Schlabonski.
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