Es ist ja schon erstaunlich, wie verwässert auch der kommende neue Abgastest WLTP sein wird, wenn es nach Deutschland, Frankreich und England geht. Dieser Artikel im Guardian listet die Schlupflöcher schön auf. Ich übersetz mal:
- Die Batterien der zu testenden Fahrzeuge sind voll geladen, so daß der Verbrauch und damit der zusätzlich zu bewegende Widerstand der Lichtmaschine entfällt. (Das gilt übrigens nicht nur für die Starterbatterien normaler Autos, sondern auch für die Fahrbatterien von Plug-in-Hybriden, weswegen die auf absolute Fabelwerte kommen. Ein Porsche Cayenne Hybrid verbraucht laut Normzyklus 3,4 l/100 km. Ja nee, is klar.)
- Der Test darf in bis zu 4% Gefälle stattfinden. Was bedeutet: Der Test findet in genau 4% Gefälle statt. Plus Meßungenauigkeiten beim Bau desselben, vermutlich.
- Vom so ermittelten zu geringen CO2-Wert werden sicherheitshalber noch mal 4% abgezogen.
- Das mit den inertia classes ist etwas langatmiger. Hier wird es auf Englisch fein erklärt. Kurzform: Da der Test auf einem Prüfstand stattfindet, wird die Fahrzeugmasse durch Widerstand der Laufrollen simuliert. Das ging 1970, als der noch gültige Test entwickelt wurde, nur stufenweise. Und so war es sinnvoll aus Herstellersicht, dafür zu sorgen, daß ein Auto möglichst knapp am oberen Ende einer solchen Stufe wiegt — dann wird es nämlich mit weniger simuliertem Gewicht getestet, als es real wiegt. Und die Stufen sind nicht klein: 55 bis 250 (!) Kilo. Heute gibt es keinen technischen Grund mehr für die Stufen, aber sie sollen beibehalten werden, weil man damit so schön mogeln kann.
All diese Schlupflöcher sind im derzeit gültigen Abgastest auch schon enthalten. Das ist schon schlimm genug. Daß man sie in den neuen mitzuschleppen sucht — obwohl eins der Ziele, das neuzumachen, ja gerade das Schließen der Schlupflöcher sein sollte –, ist allerdings schon ein ziemlicher Skandal. Gut, daß die ganze Thematik jetzt dank VW mal ein bißchen ins Licht der Öffentlichkeit rückt. (Nein, nur ein bißchen. Nicht ganz. Wo denkt Ihr denn hin?)
All das zusammen macht mal eben 14% aus — 14% mehr Verbrauch und 14% mehr Emissionen als angegeben. Und wenn man in Bezug auf die heutige Fahrzeugflotte doch schon eher ehrgeizige Emissions- und damit auch Verbrauchsziele einzuhalten hat, dann sind 14% mehr Verbrauch ein Riesenhaufen gesparter Kohle. Für die Hersteller, natürlich.
Und dann war da noch die Erkenntnis, warum die Mogelsoftware (“das sieht aus wie ein Abgastestzyklus, da hab ich mal weniger Leistung”, denkt sich das Auto) nicht aufgefallen ist bis neulich. Es war zwar bekannt, daß es sowas wahrscheinlich gibt, aber nachweisen konnte man es bisher nicht. Warum? Weil wegen der US-Copyrightgesetze die Hersteller niemand anderen in den Quelltext kucken lassen mußten.
Na huch. Wer hätte gedacht, daß sich aus dieser Geschichte noch ein Argument für Open Source basteln lassen würde? 🙂
1 Kommentar
Die Plugin-Hybride funktionieren derzeit noch etwas schräger: Da wird erstmal der Akku leer gefahren und dann nochmal 25 km. Und das wird dann auf 100 km hochgerechnet.
Bei 50 km Akku-Reichweite kannste den Verbrauch also verdreifachen; bei den 36 km des Porsche müssten 8,4l herauskommen. Das wäre kein Problem, wenn diese Werte nur für die Besteuerung genutzt würden, wo man die Plugin-Hybride ja fördern will – alleine: Mit den Zahlen wird auch geworben und den “Langstrecken-Verbrauch” darf man lange suchen; dabei ist auch der oftmals noch extrem gut und das ganz ehrlich…