Luftgekühlte Motoren im allgemeinen und der des VW-Käfers im besonderen haben ja den Nachteil, daß dort, wo man gern möglichst kühle Luft hätte (am Zylinderkopf z.B.), eher unangenehm hohe Temperaturen herrschen, während dort, wo man Warmluft ersehnt (an der Nasenspitze etwa), eher laue Lüftlein wehen. Das möchte man dem Buckelauto indes nicht wirklich vorwerfen, man bedenke schließlich stets sein Konstruktionsalter: vor dem Krieg hatten nicht mal Mercedesse serienmäßig Heizung.
Weil das kühlende Lüftchen am Zylinderkopf nicht ausreichte, bekam der Motor, damals höchst innovativ, zusätzlich einen Ölkühler (im Bild orange markiert). Dessen Anordnung im Kühlluft-Gebläsekasten, also mitten im Kaltluftstrom, mag 1938 für den piffeligen 25-PS-1100er auch völlig angemessen gewesen sein. Zu einem Problem wurde sie erst dann, als in späteren Jahrzehnten die Leistung stieg, ohne daß das Kühlgebläse entsprechend mitgewachsen wäre. Irgendwann häuften sich dann die Ausfälle, meist durch Überhitzungsschäden am dritten (also vorderen linken) Zylinder. Warum? Weil der mit der schön kuschelig warmen Abluft des Ölkühlers (im Bild pink) „gekühlt“ wurde. (Die Bedeutung der Farben Rot und Blau im Bild seien dem Leser als Übungsaufgabe überlassen.)

Es ist nun nicht so, daß VW das nicht bemerkt hätte. Nein, sie haben sich durchaus um Abhilfe bemüht, nur leider durch Rumbasteln an den Symptomen. Von erweitertem Ventilspiel bis zum zurückgenommenen Zündzeitpunkt für den notorischen dritten Zylinder reicht die Palette; richtig geholfen hat davon aber nichts.
Erst zum ‘71er Modelljahr sind sie dann auf die eigentlich naheliegende Lösung gekommen, die warme Abluft des Ölkühlers einfach nach vorn (in Fahrtrichtung) unten aus dem Gebläsekasten herauszuführen. Bravo, VW, ich bin wirklich beeindruckt. Astreine Lösung, kaum ein Vierteljahrhundert zu spät, und zu allem Überfluß auch nur bei den „großen“ Motoren ab 1300 Kubik aufwärts realisiert – 1200er durften weiter in des Ölkühlers Abluft schmoren. Und zur Belohnung sind auch heute noch „dritter Zylinder“ und „Motorschaden“ in Käferfahrerkreisen beinahe synonym … lustigerweise aber übrigens auch bei den „großen“ Motoren, obwohl die eigentlich keinen Grund haben, signifikant öfter am dritten Zylinder kaputtzugehen als an den anderen dreien. Die Ursachen dafür sind nicht hinreichend erforscht, vielleicht handelt es sich hier um einen seltenen Fall mechanischer Empathie mit der lahmeren Verwandschaft? Das Fazit lautet eindeutig: Wir brauchen mehr Wissenschaft!
Dieser Artikel entstand ursprünglich für Tobias Meyers kurzlebiges Blog „Gut gemacht? Gut gemeint.“ und wird nach dessen bedauernswerter Einstellung hier in etwas erweiterter Fassung und mit verdeutlichter Grafik wiederveröffentlicht.
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