Und das auf’n Freitagnachmittag

Normalerweise ist man ja als Berufskraftfahrer aus gutem Grunde bemüht, die zwei erlaubten Überschreitungen der 13stündigen sogenannten „Schichtzeit“ pro Woche nicht gleich am Anfang derselben zu verballern, sondern sich mindestens eine davon für den Freitag aufzuheben.  Idealerweise ohne daß der Disponent das weiß.  Denn so hat man auch bei Verdaddelungen, wie sie wegen eines gewissen Herrn Murphy (nein, nicht Eddie, der andere) bevorzugt freitags auftreten, trotzdem noch zwei Stunden gut — und die machen öfter mal den Unterschied zwischen freitagabends oder samstagvormittags ins Wochenende starten.

Diese Woche hat das bei mir wegen eines für mich recht unrühmlichen, aber mit viel unverdientem Dusel bemerkenswert glimpflich ausgegangenen Mißgeschick, von dem noch zu berichten ich einem Stammleser versprochen habe, nicht hingehauen.  Und so stand ich dann in einer gewissen nicht wirklich existierenden Stadt an einem demzufolge ebenfalls nicht wirklich existierenden Blechpreßwerk, hatte noch genau 73 Minuten Schichtzeit und dachte mir: Scheiße.  Das klappt doch nie.

„Schafft Ihr das in einer Stunde?“  Eine Stunde, ward mir beschieden, werde es allein schon dauern, die Ladung zusammenzusuchen.  Was dann schnell geändert wurde in: 30 Minuten, dann kannste reinfahren.  „Darf ich dann auf Eurem Parkplatz stehenbleiben?“  Keinesfalls.  Die nächsten legalen LKW-Parkplätze seien dann übrigens wohl an der Autobahn.  Etwa 10 km von hier also.

Verflucht.  Schichtzeitüberschreitung mit Ansage.

Soweit, so normal.  Aber der geneigte Leser (was, ich muß es gelegentlich betonen, auch alle Leserinnen, Leser*innen, LeserInnen, Lesx und sonstige geneigte Personen, Intelligenzen und Maschinen einschließt) sei gewarnt: jetzt kommt nämlich der unglaubwürdige Teil.

Nicht nur hat sich der Verlader dermaßen beeilt, daß ich kaum mit Gurte-über-die-Ladung-Fädeln hinterherkam, und nicht nur hatte ich in der Folge tatsächlich beim Wiedereinmarsch ins Versandbüro noch volle 14 Minuten Schichtzeit — was nix gebracht hätte, denn Papiere holen und einen legalen Parkplatz irgendwo am Straßenrand einer nicht wirklich existierenden Stadt zu finden ist in 14 Minuten genauso unmöglich wie in einer –, nein: die gute Dame vom Versandbüro sprach nach Erledigung aller Formalitäten auf meine leicht hundeäugig wiederholte Frage, ob ich denn wirklich nicht auf ihrem Parkplatz nächtigen könne, jene Worte, die ich nie zuvor erhörte:

Dann bleiben Sie halt stehen.  Aber nur ausnahmsweise!

Lüge?  Sowas gibt’s doch gar nicht wirklich?  Diesen Schluß werden die mitlesenden Kollegen Berufskraftfahrer wohl zwangsläufig ziehen.  Und ich kann es ihnen kaum verdenken, schließlich konnte ich es selber kaum glauben.

Meine einzige Ausrede ist, daß die Stadt, das Blechpreßwerk und in letzter Logik also auch die Dame vom Versandbüro gar nicht wirklich existieren.  Aber meine Fresse, wenn ich mich hier so umkuck: Die Simulation taugt was.  Sogar die dann wohl ebenfalls nicht wirklich existierenden vierundzwanzigkommasiebenneundrei Tonnen Blech auf meiner Ladefläche sehen nicht nur täuschend echt aus, nein, mein Actros bemerkt sie auch deutlich beim Beschleunigen.  Ich bin wirklich ziemlich beeindruckt.  Nicht mal in den winterlich kahlen Baumkronen sind JPEG-Artefakte zu sehen.

Und wenn solch Freundlichkeit — auch der Staplerfahrer und der Verwieger waren ausgesprochen nett — und solch Eingehen auf die Bedürfnisse von Berufskraftfahrern tatsächlich nicht wirklich existieren, sondern nur Fehler sind, mit denen SIE sich dann doch verraten — ganz ehrlich: Scheiß drauf, dann bin ich eben ab jetzt auch einer von IHNEN.  😉

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