Die Saga der 19 Holzkisten

19 Holzkisten waren die in einer sächsischen Filiale eines großen deutschen Automobilkonzerns mit zwei Buchstaben, der hier traditionell ungenannt bleiben soll, auf den Buckel genommene Ladung.  Kisteninhalt waren mal Motorhauben und andere Karosserieteile angeblich südeuropäischer, tatsächlich aber zumindest rohkarossenanteilig dort in Sachsen zusammengeschwarteter übermotorisierter Repräsentationsgeländewagen ohne Geländetauglichkeit; nun waren die Kisten aber leer und sollten zurück zum Absender, einem Werk desselben Konzerns irgendwo an der Grenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Das ansich war nicht weiter herausfordernd, auch wenn sich das Beladen vom eigentlich geplanten Termin in üblicher Weise bis zum nächsten Morgen verzögert hatte.  Dementsprechend war ich dann auch erst gegen Abend am Ziel mit meinen Kisten und bekam zu hören: Sowas hab ich hier noch nie gesehen, keine Ahnung wo die hinkommen.  Aus den Papieren ging das auch nicht hervor.

Mit Tesa an eine der Kisten gepappt fand sich dann doch noch eine genauere Zielangabe: Halle 81, Ansprechpartner, Telefonnummer.  Prima!  Nur leider zu spät: Da sei heute eh keiner mehr, ward mir beschieden.  Also morgen früh?  Ja, morgen früh.

Daß eine Tour zwei Übernachtungen enthält, hatte ich länger nicht.

Am nächsten Morgen stand ich dann also vor der Zufahrt zu Tor 4, wo es nach Halle 81 hin geht.  Dieses Tor ist eigentlich nur ein Ausfahrtstor, aber da das zuständige Einfahrtstor 2 seit Monaten, wie mir der leidgeprüfte Pförtner der benachbarten Firma, vor dessen Schranke ich zunächst zum Stehen gekommen war, wie eigentlich alle, die zu Tor 4 müssen, erzählte, kaputt war, was kaum zu erkennen ist, wenn man es nicht weiß, und woher sollte man, mußte man eben da rein.

Vor dem Tor standen innen fünf Lastwagen.  Außen zunächst nur ich, aber auch da kamen noch ein paar dazu in den nächsten 40 Minuten, ohne daß sich ansonsten was getan hätte.  Also, es tat sich schon was: einer der Laster drinnen hupte ungefähr einmal in der Minute, bis ihn die anderen unter Androhung von Handgreiflichkeiten überzeugten, das zu unterlassen.  “Das besetzte Tor ist 2 km von hier.  Die hören dich nicht!”

Telefonate mit der Steuerstelle ergaben: an Tor 2 hatte es einen medizinischen Notfall nebst Rettungswageneinsatz gegeben, und in dem Trubel fand sich niemand, das Knöppsche für Tor 4 zu drücken.  Sieht man ja auch ein.

Irgendwann ging es dann los: die inzwischen 6 Laster von drinnen kamen nacheinander raus, dann stellte ich mich vors Tor.  Es passierte zunächst nichts.  Dann nach einer Weile passierte weiterhin nichts.  Und dann rief ich nochmal die Steuerstelle an: Ich steh hier vor Tor 4 und es bleibt zu, was mach ich falsch?  Ja nix, sagt der Stellensteuerer, ich ruf da mal an.

Und so kam ich kaum 2 Stunden nach Arbeitsbeginn doch schon an der Halle 81 an.  Und der mit der Entladung meiner 19 Holzkisten betraute Staplerfahrer sprach: Mann ey, diese Scheißkisten.  Da haben wir schon hunderte hier, die sollten doch schon seit Monaten entsorgt werden, wieso schicken die die immer noch zurück?

Naja.  Die Käufer der angeblich südeuropäischen Repräsentationsgeländewagen werden die sinnlosen Leerholzkistenrückversandfrachtkosten sicherlich verkraften können, wenn man die in deren beachtlichen Kaufpreis einpreist.

2 Kommentare

    • emel auf 21. September 2019 bei 12:03
    • Antworten

    Niedlich!
    Haste lang gestrickt an deinen Schachtelsätzen (z.B. Absatz 5)?
    Und mit solch unsinnigen Transporten verstopfen Logistikfirmen die Autobahnen ….

    1. Nein, die Logistikfirmen können da nix für. Die wissen ja nicht, was sinnlos ist und was nicht — da müssen sie sich schon auf ihre Auftraggeber verlassen. Und wenn es einem großen Automobilkonzern ein paar hundert Euro wert ist, ein paar hundert Kilo Brennholz durch die halbe Republik karren zu lassen, dann ist das eben so. Man wird sich kaum weigern, oder?

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