Frühstückslotterie

Damals im Studentenwohnheim (das damals auch noch so hieß und nicht „Studierendenwohnheim“, und wir wollen ja authentisch bleiben, nichtwahr) gab es pro Etage 21 Zimmer und eine große Gemeinschaftsküche, in der sich am Sonntagmorgen immer nach und nach ein eher kleiner Teil der Bewohner zum Frühstück traf.  Der erste hatte eine große Kanne Kaffee aufgesetzt, und jeder, der eintrat, versorgte sich mit einem Pott Lebenselixier, setzte sich und wartete, bis die Augen fokussierten, bevor dann die Aufnahme fester Nahrung kontempliert werden konnte.  Soweit, so normal.

In dieser Küche gab es natürlich auch Gemeinschaftskühlschränke, und in denen galt die Regel: Verpackte Lebensmittel sind off limits, angebrochene hingegen public domain.  Und so schlurfte dann sonntagmorgens jeder zum Kühlschrank, griff sich eine angebrochene Milchtüte und tat, was man mit Kaffee und Milch eben so tut.

An jenem bewußten Sonntage nun war die einzige Milchtüte im Kühlschrank zwar halbvoll, aber sie war dies anscheinend schon geraume Zeit gewesen.  Zumindest kam nix raus, wenn man sie umdrehte.  Und jeder, der dies versuchte, zuckte daraufhin nur mit den Schultern, stellte sie zurück (es war ja nicht die eigene, also konnte man sie auch keinesfalls einfach wegwerfen), setzte sich und trank den Kaffee halt schwarz.  Und alle anderen grinsten verschlafen, weil sie das ja zuvor genauso gemacht hatten.

Bis dann der eine Pechvogel kam, bei dem es beim Versuch des Eingießens der Milch ein unheilverkündendes Geräusch gab:

*Krockolockolock-PLATSCH*

Und so stellte sich heraus, daß gemeinsames Lachen deutlich besser wach macht als schwarzer Kaffee.

Parken ohne TÜV

Vor Jahren, als ich außer meinem „Alltags-“ Golf GTI auch noch einen VW-Bus hatte, stand ersterer mal eine Weile mit kaputtem Auspuff und defektem ABS unbeachtet am Straßenrand.  Man hätte sich ja mal kümmern können, aber irgendwie, herrjeh, Bulli fahren war geiler.  Und so wurden aus der Weile am Ende Jahre.  Irgendwann war dann ein rosa Zettel dran: TÜV abgelaufen.  Nagut, bezahlt, nicht weiter gekümmert, Reparatur weiter prokrastiniert, alle paar Monate den neuen rosa Zettel bezahlt.  Ein weiteres Jahr ging ins Land.

Dann irgendwann ein Brief: Weisen Sie mal bitte bis dannunddann eine Nachschulung nach oder kommen Sie bitte vorbei und geben Ihren Führerschein ab.  Bitte WAS?  Tja, jeder dieser rosa Zettel bedeutete nicht nur ein paar Zehner, sondern auch ein paar Punkte, und so hatte ich mittlerweile stolze 14 davon angesammelt.  (Das war noch vor der Punktereform, heute ist die Grenze bei acht.)

Schluck.

Fahrschule aufgesucht, gefragt, ja kein Ding, vier Termine a 2 Stunden, eine Fahrprobe, geht nächste Woche los, 780 € bitte.  Fahrschule müßte man sein!  Da saßen 8 oder 10 Leute im Kurs, mal 780 Öcken ist schon richtig Asche.  Seufz.  Aber sonst war eigentlich alles ganz nett.  Die Fahrprobe in einem Fiat Multipla war sogar ausgesprochen lustig, weil alle drei Schöler über die Karre am Ablästern waren und der Fahrlehrer echt nicht gegen uns ankam 🙂

Am meisten in Erinnerung geblieben sind mir aber die Vorstellungsrunde und die Abschlußbesprechung.  Bei ersterer mußte jedër beichten, was sie oder er angestellt hatte – und da waren Schoten bei: 40 zu schnell innerorts, besoffen drei rote Ampeln in einer Nacht, 65 mal im Halteverbot geparkt (!), you name it.  Und ich?  „Parken ohne TÜV.“  Wot?  Die Gesichter waren unbezahlbar.

Fast noch schöner dann am Ende, wo jedër erzählen mußte, was sie oder er nun aus dieser Schulung gelernt habe.  „Ich habe gelernt: wenn ich mal wieder ne Karre ohne TÜV an die Straße stellen muß, schraube ich vorher die Schilder ab.  Das gibt dann nur einen orangen Aufkleber und vier Wochen Zeit, sie wegzuschaffen, aber es kostet wenigstens keine 780 Euro.“

Das Überläufer-Interview

Vor einiger Zeit habe ich dem Überläufer ein Interview gegeben, das dort auch in vier Teilen veröffentlicht wurde.  Es auch hier zu veröffentlichen, erscheint mir nur fair 😉

Überläufer: Willkommen auf dem Nussbaumparket der Dekadenz. Willkommen beim Überläufer. Heute habe ich @schlabonski zu Gast. Er hat als Fernfahrer gearbeitet. Warum hast du dich entschieden Fernfahrer zu werden?

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Pikohektar

„Mein Auto verbraucht ungefähr 8 Pikohektar.“

Ein Satz, der Unverständnis auslöst.  Aber rechnen wir doch mal.

Ein Hektar sind 10.000 m², und obwohl es sich um einen Hekto-Ar handelt, sind sowohl Ar als auch Hektar SI-Einheiten, d.h. die SI-Einheitenvorsätze sind anwendbar, auch wenn es beim Hektar unüblich ist, solches zu tun.  Ein Pikohektar ist ein Billionstel Hektar, was sich zu einem hunderstel Quadratmillimeter umrechnen läßt:

10.000 * 10^-12 m²
10     * 10^-9  m²
         10^-8  m²
         10^-2 mm²
         0,01  mm²

Mein Auto verbraucht ungefähr acht Liter pro 100 km.  Das sind acht Kubikdezimeter je 100.000 m.   Das kann man aber auch ausrechnen, und raus kommen acht hundertstel Quadratmillimeter.

8 * (10 cm*10 cm*10 cm) / 100.000 m
8 * 0,1*0,1*0,1 m³      / 100.000 m
0,008 m³                / 100.000 m
0,00000008 m²
0,08 mm²

Acht Pikohektar also.

Man kann das aber nicht nur ausrechnen, sondern sogar visualisieren.   Man stelle sich eine in die Fahrbahn eingelassene Rinne voll Benzin vor, aus der das Auto seinen Treibstoff während der Fahrt aufnimmt.  Diese Rinne müßte einen Querschnitt von 0,08 mm² haben, damit sie genug Treibstoff enthielte, um damit an ihr entlangzufahren.  (Ja, mir kommt das auch erstaunlich wenig vor, wie vermutlich jedem, dem beim Autobasteln schon mal eine Benzinpumpe einen Schwall Kraftstoffs auf die Kleidung gespuckt hat.  0,08 mm² sind eine winzige Fläche, viel viel kleiner als der Punkt am Ende dieses Satzes.  Aber 100 km, oder 100.000.000 mm, sind auch eine riesige Länge, und wenn man beides miteinander multipliziert, kommen halt wieder ganz normal vorstellbare acht Liter dabei heraus.)

Hast du etwa nicht mitgezählt?

An einem ganz normalen Dezembertag stand ich mit einem Riesen-Blumenstrauß vor der Tür meiner Freundin. Überraschung, dann die Frage: „Womit hab ich denn das verdient?“

Entsetzter Blick von mir: „Was, hast du etwa nicht mitgezählt? Heute ist unser tausendster Tag!“

Insgesamt wurden es, wie ich für diesen Artikel nachgerechnet habe, nur genau 1.500 Tage. (Zufall. Ehrlich!) Und dieser fünfzehnhunderte und letzte Tag ist heute genau 10.000 Tage her. (Kein Zufall.)

Aber ihr Gesicht an unserem tausendsten Tag, irgendwo zwischen „meint der das ernst?“, ,,verdammt, ich hätte mitzählen sollen?“ und ,,das ist ja niedlich!“, das vergesse ich nie. Und wenn ich noch 20.000 Tage leben sollte.

Zur Nachahmung empfohlen.

Mehr Glück als Verstand

Sechs-Volt-Käfer. Allgemeine Verkehrskontrolle, 1991.

“Waum fahren Sie hier eigentlich mit Standlicht durch die Gegend?”
“Das ist kein Standlicht, das ist Abblendlicht. *klick* DAS ist Standlicht.”
“Ooooch!”

“Und warum haben Sie rote Blinker?”
“Weil ich das darf. StVZO § blablubb.” {Weiß ich heute nicht mehr auswendig, wozu auch}
“Aber die blinken auch zu langsam.”
“Ich weiß. Hab auch schon ein elektronisches Blinkrelais drin, hat auch was gebracht.”
“Hm.”

Und dann hat er alle Lampen durchgecheckt. Wollte wohl was finden …
“Rückwärtsgang?”
*kronsch*
“Geht nicht.”
“Doch, gehnsemal zur Seite.”
“???”
Motor an, zwei Meter zurückgefahren, Lampe funzelt.
“???”
“Tachowellenschalter. War ab Werk kein Rückfahrscheinwerfer drin, aber wegen der Sicherheit, Sie verstehen …”
Da mußte er dann auch lachen.

Insgesamt hat mich meine zwei Wochen alte TÜV-Plakette wohl vor einem Mängelschein gerettet, der durchaus berechtigt gewesen wäre. An der Beleuchtung dieses Käfers gab es nicht viel, das nicht mangelhaft war. Das Innenlicht vielleicht. Und die steinalten Diagonalreifen waren auch nicht gerade vertrauenserweckend.

Aber es waren lustige Zeiten.

Versandhinweis: Ich habe hier nur einen Twitter-Thread leicht erweitert für die Nachwelt aufbewahrt.

Das Jahr-ungleich-1999-Problem

Ein Schwank aus uralten Zeiten, als ich, die Treueren unter den Älteren unter den Lesern werden sich erinnern, noch Datenbankprogrammierer war.  Als das letzte Jahrtausend sich nämlich seinem Ende neigte, hub ein großes Zittern in allen EDV-Klitschen des Landes, groß wie klein, an: Fast jeder hatte nämlich irgendwo irgendwann mal das Jahr mit nur zwei Stellen gespeichert, eingelesen, verglichen oder abgefragt.  Warum auch nicht?  Seit der Erfindung des Computers war das doch immer ausreichend gewesen!  Konnte doch keiner ahnen, daß sich das soo plötzlich ändern würde.  Selbst ich habe erst im März 1999 einen Artikel dazu geschrieben.  (Aber schon 1991 ein mittlerweile verschollenes Programm auf dem Atari zusammengebastelt, das nicht nur mit Jahreszahlen jenseits von 1999 klarkam, sondern sogar bis zum 31.12.9999 funktionieren würde und den Wechsel zum 1.1.10000 statt eines Absturzes mit einer sauberen Fehlermeldung quittieren, wenn es denn überhaupt noch irgendwo liefe – dann oder auch nur jetzt.  Aber ich schweife ab.)

Jedenfalls war auch in der EDV-Bude, in der ich damals Datenbank-Frontends strickte, das Beben in der Macht deutlich zu spüren, und spätestens so im September gingen wir aber mal ernsthaft daran, den räudigen Gammel waitukäi-fest zu machen.  Na, aber im Oktober dann wirklich.

Und natürlich haben wir nicht alle Fehler vorher gefunden.  Also doch, schon die meisten, es gab bei unseren Kunden keine nennenswerten Produktionsausfälle deswegen, aber ein paar kleine Hakler und Seltsamkeiten waren dann doch verblieben.   Auch darüber meinte ich damals geschrieben zu haben, aber ich finde den Text nicht wieder – sucht gern selbst, und wer ihn findet, kommentiere bitte die URL!  Am meisten erinnerlich ist mir jedenfalls ein Datum auf einem Anschreiben an unserer Kunden Kunden, das vom 31.12.1999 auf den 1.1.19100 sprang – die 19 war halt hartcodiert und das zweistellige Jahr hintendrangeklöppelt –, und eben die Story mit dem Jahr-ungleich-1999-Fehler.

Der fiel erst Ende März 2000 auf, weil irgendein Dölmer unter den Kollegen (nein, nicht irgendeiner, wir wußten natürlich genau welcher, wofür hat man eine Versionsgeschichte, hallo Ulf, ich sehe Dich!) offensichlich nicht die Funktion aus unserer Standard-Bibliothek gekannt hatte, mit der man aus einem Datum das Quartal ermitteln konnte.  Die war natürlich Jahr-2000-fest, schon seit November, aber Ulfs handgestrickte Eigenlösung …

IF Datum >= 1999-01-01 AND Datum <= 1999-03-31
        THEN Quartal := 1
ELSE IF Datum >= 1999-04-01 AND Datum <= 1999-06-30
        THEN Quartal := 2
ELSE IF Datum >= 1999-07-01 AND Datum <= 1999-09-30
        THEN Quartal := 3
ELSE IF Datum >= 1999-10-01 AND Datum <= 1999-12-31
        THEN Quartal := 4
ENDIF

… war es halt nicht.  Also so gar nicht.  Das wäre uns auch, wenn er es 1993 programmiert hätte, 1994 um die Ohren geflogen.  Und im Nachhinein war es vielleicht nicht die schlaueste denkbare Idee, das dem Kunden auch genau so …

Ja, ich habe den Fehler gefunden. Aber das war kein Jahr-Zweitausend-Problem! Das war ein Jahr-ungleich-1999-Problem.

… zu sagen.  Aber ich konnte nicht widerstehen.  Den Anschiß vom Chef, und den von Ulf, war es mir wert.

Und heute, mehr als 21 Jahre später, kann ich es glaubich dann auch Euch erzählen, ohne noch einen zu riskieren.  Hoffentlich konntet Ihr auch ein bißchen drüber schmunzeln.

Brandenburg

Es gibt Länder, wo’s okay ist
Es gibt Länder, wo’s wirklich okay ist
Und es gibt … Brandenburg
Brandenburg

In Brandenburg, in Brandenburg
Wird die Kitaschließung wieder mal total vergurkt
Was soll man sonst auch machen bei 70, 80 in Brandenburg?

Es ist nicht alles FFP, es sind meistens Netze
Kein Wunder bei sovieler brauner Hetze
In Brandenburg

Da stehn drei Schwurbler vor dem Netto
Und haben nur denselben alten Scheiß in petto
In Brandenburg
Brandenburg
Ich fühl mich heut so krank
Ich fühl mich Brandenburg

Die USA impfen heut zwei Millionen
In Brandenburg mußte da im Heim für wohnen
Brandenburg

Im Westen ist’s zwar nicht entscheidend besser
Aber da lauf ich halt nicht mit Maske voll ins Messer
Wie in Brandenburg

Vakzin!
Halleluja, Vakzin!
Halleluja, Vakzin!
Alle wollen da hin
Und natürlich ich auch

In Brandenburg, in Brandenburg
Ist die Inzidenz schon wieder voll durchs Dach gegurkt
Was soll sie sonst auch machen bei 70, 80 in Brandenburg?

Es ist nicht wirklich ein Problem, es ist nur die Grippe
Kein Wunder daß die Zahlen nach oben kippeln
In Brandenburg

Wenn man Querdenker an der Kasse sieht
Ist man im Denkbefreiungsgebiet Mark Brandenburg
Brandenburg
Ich fühl mich heut so ausgebrandenburgt

In Neuseeland feiert das pralle Leben
In Brandenburg solls kostenlose Teste geben
Brandenburg

Das halbe Land fährt ans Meer und bräunt sich
Die andern stehn heut an der B 96
Brandenburg

Vakzin!
Halleluja, Vakzin!
Halleluja, Vakzin!
Alle wollen da hin
Und natürlich ich auch

Lassen Sie mich durch, ich bin ein Lurch, ich komm aus Brandenburg
Nimm die Masken mit, wir fahrn nach Brandenburg
Wenn man das Virus will, muß man nach Brandenburg

Mit der fälligen Entschuldigung an Rainald Grebe.

Themenmalör

So, die Ursache fürs Kommentarmalör ist gefunden: das Theme, also das Paket aus PHP, CSS und Voodoo, das das Aussehen und auch Teile der Funktionalität dieses Blogs bestimmt, war uralt und räudig und funktionierte mit diesem funkelnagelneuen WordPress nicht mehr richtig.

Jetzt ist fast alles wieder gut (aber noch nicht ganz alles wieder schön).  Wer die ganzen unseligen Details wissen will, kann … Weiterlesen

Freitagstexter XIV

Yay, es geht weiter! \o/  Nachdem es etwas still um den Freitagstexter geworden ist letzten Monat, hat sich der Herr Boomerang der II. freundlicherweise ein Herz gefaßt und den Bewerb gekap^W übernom^W wiederbelebt. Und ratet mal, wer gewonnen hat? Genau: ich! Echt! Wenn ich’s doch sage!

Worum geht’s? Darum, eine Bildunterschrift zu finden, und zwar zu diesem Meisterwerk meiner Händiknipskunst:

Hier könnte Dein Bildtext stehen. Und mit ein bißchen Glück wird er das auch.

Die Regeln sind wie immer dieselben von früher, denn den Freitagstexter gibt es ja schon länger als dieses Blog (wenn auch nicht so lange wie diese Domain): Mitmachen kann jedes Wesen, das einen Blog betreibt oder auf einem solchen als Gastautor im Siegesfalle die nächste Runde ausrichten kann. Zum Teilnehmen genügt es, den eigenen Beitrag als Kommentar zu diesem Artikel zu schreiben. Wer keine Blogadresse angibt, nimmt außer Konkurrenz teil, kann also nicht siegen; wer mag, kann dieses unverständliche Ziel natürlich auch durch den Zusatz “außer Konkurrenz” oder kurz “a.K.” kundtun. Ein richtiger Beitrag ist mir natürlich lieber als ein a.K.-Beitrag, aber ein solcher ist immer noch viel besser als keiner! Und wer siegt, bestimmt natürlich der Ausrichter, diesesmal also ich. Weitere Teilnahmebedingungen gibt es nicht, insbesondere nicht was die Länge, den Stil oder was auch immer des gesuchten Bildtexts betrifft, nur legal sein sollte er bitte und frei von Rechten Dritter. Einsendeschluß ist wie immer der Dienstag der Folgewoche, also der 15.12.2020, 23:59 MEZ. Am Mittwoch werden dann Pokale verteilt. Und genauer hat die Regeln dereinst der Herr Wortmischer aufgeschrieben.

Also, Leute, schreibt! Schreibt! Denn wer schreibt, der bleibt!

Update:  Seufz.  Da mal wieder kein Kommentar mit gültiger Blogadresse eingetrudelt ist, verlängere ich den Wettbewerb in leidgeprüft gewohnter Manier bis zum kommenden Dienstag, dem 22.12.2020, 23:59 MEZ. Traut Euch!

Kommentarmalör

Wie aufmerksamere Leser als ich vielleicht schon bemerkt haben, hatte dieses Blog bis eben ein kleines technisches Problem: die Kommentare waren kaputt. Also nicht völlig, aber so daß man sie nicht lesen konnte. Schreiben konnte man jederzeit welche, sie wurden auch alle gespeichert und sind in der Datenbank gelandet, aber angezeigt wurden statt n Kommentaren nur n Pings. Unser Team an begnadeten Technikern hat das Problem mittlerweile mit einem Update des Themes gefixt, siehe dazu den Beitrag Themenmalör. (Nur bei Interesse natürlich.)

Die Macht der Gewohnheit

Für diesen Schwank aus alten Zeiten muß ich mal ausnahmsweise auf Umschreibungen der Namen der beteiligten Firmen verzichten.  Es sind dies die Spedition Schnellecke, in deren Auftrag ich unterwegs war und die in grauer Vorzeit, so in den 90ern, noch als Bügler firmierte, zumindest die hier relevante Filiale, und zum anderen das Unternehmen Johnson Controls, das Autobatterien herstellt wie zu Zeiten, als es noch den vertrauteren Namen Varta trug.

Und so stand ich dann bei Varta, wie sie natürlich immer noch genannt wurden und werden, an der Anmeldung und hatte eine falsche Ladenummer. Ergo Anruf bei der Dispo: Ja moin, Schlabonski, ich steh hier bei Varta, kannste mir mal bitte eine richtigere Ladenummer geben?

Und dann blafft mich der Tüp hinterm Tresen an:

Das heißt nicht mehr Varta, wir sind Johnson Controls!

Ja meinetwegen, denke ich und sage nix, während er zum Hörer greift und hineinfragt: Ja, Bügler ist da, soll ich ihn auf die 5 schicken? Und da konnte ich nicht anders und sagte, mit deutlichem Grinsen in der Stimme freilich:

Das heißt nicht mehr Bügler, wir sind Schnellecke!

Zu seiner Ehrenrettung sei berichtet, daß er zumindest auch grinsen mußte.

Mama

Mama konnte nie ruhig schlafen, wenn “das Kind” unterwegs war.

Früher war das kein Thema. Sie blieb halt wach, bis ich heimkam. Und als ich irgendwann nicht mehr jede Nacht heimkam, lernte ich schnell, daß es eine gute Idee war, sie dann anzurufen. Nicht, daß sie es mir übelgenommen hätte, wenn ich es nicht tat, aber ich sah es an ihren Augenringen.

Als ich dann auszog, zivildienstleistete, studierte und einen Bürojob hatte, geriet das in Vergessenheit. Aber als “das Kind” dann Fernfahrer wurde, begann es wieder, das Ritual des allabendlichen Telefonats. Es begann immer gleich: Ich sagte “Taaag”, sie sagte “Quaaak”. Ich habe nie erfahren, ob das ein Scherz war oder ob sie mein “Taaag” falsch verstanden hatte. Ihr Gehör war nicht mehr das beste.

Diese Telefonate hatten wenig Tiefgang. Wie auch? Was täglich passiert, wird Routine. Eine interessante Nachricht vielleicht, ein Scherz, eine Anekdote aus dem Leben. Ein paar Minuten.

Es hat mich tatsächlich nie genervt, diese Telefonate führen zu “müssen”. Ich war nicht der beste Sohn der Welt, aber diese paar Minuten waren schon okay. Ich spürte, wieviel sie ihr bedeuteten. Und ich telefonierte gern mit ihr.

2017 wurde ich langfristig krank und zog wieder bei den Eltern ein. Was sollte ich allein in einem mir immer noch fremden Dorf? Gut ein Jahr zog es sich, gut ein Jahr wohnte ich mit 48 wieder bei meinen Eltern in einem Haus, das ein anderes war und woanders stand als das meiner Kindheit und Jugend.

Im Dezember 2018 versuchte meine Mama, Vaddern und mich zur Anschaffung eines Weihnachtsbaumes zu überreden. Ich denke, spätestens um den 16. rum hätte sie uns soweit gehabt. Sie war immer die einzige von uns dreien, die auf Glitzer und Funkel stand. Leider lebte sie nicht lang genug.

Am frühen Morgen des 12. Dezember 2018 wurde ich durch die Haustürklingel geweckt. Im Halbschlaf wankte ich zur Tür, um das vermutete Paket entgegenzunehmen. Vor der Tür stand aber kein Paketbote, sondern der Rettungsdienst, von Vaddern gerufen. Sie haben dann noch eine Dreiviertelstunde versucht, Mama zu reanimieren — ich vermute bis heute: mehr um Vaddern zu helfen als weil sie da wirklich eine Chance sahen. Fieserweise hatte die Rettungssanitäterin eine sehr ähnliche Stimme wie Mama. Jedesmal, wenn sie was sagte, schöpfte ich unten im Erdgeschoß kurz Hoffnung, obwohl ich eigentlich längst wußte, daß es vorbei war.

Als sie aufgaben, konnte ich nicht weinen.

Die Rettungssanitäterin kam in mein Zimmer und erklärte mir, daß sie tot sei. Sie liege zugedeckt im Bett, mit geschlossenen Augen, und ich könne jetzt Abschied nehmen.

Ich wollte nicht.

Gehen Sie, sagte sie, es wird Ihnen helfen. Ich hatte Angst. Ich hatte noch nie eine Leiche gesehen, und ich befürchtete, den Anblick nie wieder loszuwerden. Aber die Rettungssanitäterin überredete mich geduldig und sanft, doch hineinzugehen. Und Mama sah aus, als ob sie friedlich schlafe. Ich streichelte über ihr fast schon kaltes Gesicht und begriff.

Der Vormittag verging im Nebel. Vaddern lag bei Mama im Ehebett und heulte. Ich saß auf der Treppe und starrte ins Leere. Irgendwann kam der Bestatter. Keiner von uns wollte mitansehen, wie sie Mama vom Ehebett im 1. Stock über die enge Treppe in den schnöden VW Caddy Maxi bugsierten.

Ein paar Tage später war dann der Besuch im Abschiedszimmer des Bestatters. Sie sah immer noch genauso friedlich aus, aber viel schöner angezogen, als ich sie je lebend gesehen hatte. Es fühlte sich falsch an. Aber dann sagte meine Cousine: Schau mal, sie blinzelt! Und tatsächlich: ihr rechtes Augenlid war nicht ganz geschlossen. Klar, sagte Vaddern: Sie muß doch wissen, wer alles gekommen ist. Und dann konnten wir das erstemal lächeln. Kurz. Bevor wir wieder losheulten.

Dieser Moment des Lächelns über etwas, das sie im Leben mit Sicherheit getan hätte, war zurückblickend der Moment, in dem für mich der Schock des Verlustes begann, ganz langsam zu einer Erinnerung umgebaut zu werden. Der Prozeß dieses Umbaus ist heute, mehr als anderthalb Jahre später, noch nicht abgeschlossen — diesen Text zu tippen mußte ich mehrfach unterbrechen, weil Tränen den Blick verschwimmen ließen. Aber es wird.

Es wird.

Hach, Mama. Du fehlst mir immer noch.

Quaaak.

Freitagstexter XIII: Pokalverleihung

Oops, I did it again. Was? Na die Pokalisation des Freitagstexters zu verdaddeln. Tschuldigung, tschuldigung, tschuldiging!

Dabei ist das diesmal ein ziemlich lohnender Freitagstexter gewesen, gab es doch tatsächlich mehrere Bewerber sowohl um den richtigen als auch um den a.K.-Pott. Zu dem weiter unten, hier kommen erstmal die beiden “richtigen”. Und so leid es mir tut, einer (oder eine) muß Zweite(r) sein, und das ist in diesem Fall C. Araxe mit diesem zweiteiligen Text:

Und hier sehen Sie ein gut erkennbares Beispiel für ein von Vorurteilen geprägtes Unterschichten-Bashing. Man sollte jedoch nicht Unterschicht sagen, sondern besser bildungsferne Bevölkerungsgruppe, weil sich das intelligenter anhört und eigentlich noch fieser klingt.

Und Chantal ist auch weg.

Kann man so sehen, klar, war aber nicht meine Assoziation, als ich das Schild auf dem Chaos Communication Congress in Leipzig abgelichtet habe. (Abgelichtet, ist das nicht ein wunderbares altes Wort? Benutzt man viel zu selten.) Aber gut, darum machen wir das hier ja — um andere Perspektiven zu sehen.

Und damit bleibt für den Pokal nur noch Lakritze übrig mit dem treffenden Bildtext:

Man hätte es sich vorher denken können: ohne Dummy keine Crash-Tests. Die Firma war natürlich ruiniert.

Ganz herzliche Glückwünsche!

Und dann ist da ja noch der a.K.-Pokal, also der für die Teilnehmenden, die die nächste Runde nicht ausrichten wollen oder mangels eigenem Blog können. Da kam zum einen der Beitrag von hubbie, “Der große Irrtum des HSV, man hätte Keegan nicht ziehen lassen dürfen”, der möglicherweise urwitzig und total brillant ist, den ich aber mangels Fußballahnung trotzdem nicht verstehe — so spielt das Leben!

Und auch hier ist damit die Spannung raus, und der Sieger heißt emel, kurz und bündig mit:

….hat wohl geklappt!

Nur was da geklappt haben mag, bleibt unklar. Hat man Kevin wegen der vielen Unfälle gefeuert? Oder hat man gar seinen letzten Unfall so arrangiert, daß Kevin jez halt weg is? Man weiß es nicht. Was aber auf jeden Fall geklappt hat, ist, den a.K.-Pokal zu gewinnen. Da isser:

Vielen Dank allen Teilnehmenden und auf ein Neues — vielleicht schon heute bei Lakritze (nochmal sorry wegen der Verspätung!).

Freitagstexter XIII

Schon zum dreizehnten Mal, die verdaddelte Asylgeschichte neulich mal wohlwollend unter den Teppich des Vergessens zu kehren versuchend, darf ich den Freitagstexter ausrichten. Derchristoph wars, der mir erneut den Pokal verliehen hat für einen nicht für meine, aber für Freitagstexterverhältnisse ungewohnt politischen Rant.

Also auf ein Neues! Die Regeln sind immer noch dieselben: es gibt kaum welche, es wird lediglich ein Bildtext benötigt zum hier gezeigten Bilde und ein Blog, darin im Siegesfalle den nächsten Freitagstexter auszurichten. Um am Wettbewerb teilzunehmen, ist selbiges im Kommentar unter Webseite einzutragen; wer aus welch Gründen auch immer trotz eingetragener URL nicht am Bewerbe teilnehmen mag, kann seinen Beitrag auch als außer Konkurrenz oder “a.K.” kennzeichnen (wovon ich freilich abrate). Das üblich gewesene Angebot, dies hier als Gastautor tun zu können, ziehe ich nach dem neulichen Fiasko mal lieber zurück, sorry. Der Text, um den es eigentlich geht, darf ausdrücklich alles sein außer illegal. Und in aller denkbaren Ausführlichkeit stehen die Regeln auch heute noch beim Wortmischer.

Genug geschwafelt, Ihr wartet doch alle nur auf das Bild! Bitte recht sehr:

Ich bin ein Bild, betextet mich!

Und jetzt seid Ihr dran! Gebannt harre ich der Kommentare, die da kommen. Hoffe ich jedenfalls.

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